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Reisebericht Osaka – Ein Plädoyer für Tokios kleine Schwester

Osaka wirkt auf den ersten Blick wie Tokios kleine Schwester. Mit immerhin 2,5 Millionen Einwohnern wächst sie aber im Schatten der japanischen Hauptstadt zu einem attraktiven Geheimtipp heran. Hier mein Reisebericht Osaka.

Reisebericht Osaka – Erster Eindruck

Tokio, Kyoto und Hakone im Mount Fuji (Fujijama) Nationalpark standen als Etappenziele für meine Japan-Tour schon fest. Für den dritten Städte-Trip konnte ich mich lange nicht zwischen Yokohama, Hiroshima und Osaka entscheiden. Das Rennen hat dann Osaka gemacht und es war eine gute Wahl.

Mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen düst man von Tokio aus knappe drei Stunden nach Osaka. Gleich beim ersten Erkundungsgang wird klar, dass die Uhren hier anders ticken. Die Osakaer wirken selbst in den überfüllten Hot Spots lange nicht so gehetzt wie die Hauptstädter. Auch der Klamotten-Stil ist anders. Während Tokio eher businessmäßig daher kommt, dominiert in Osaka lässiges Outfit.

Reisebericht Osaka: Zentrum
Zentrum von Osaka

Die drittgrößte Stadt Japans steht nicht unbedingt an erster Stelle bei Reisegruppen. Und wenn, dann konzentriert sich das meiste auf den Kaiserpalast. Ansonsten hat man es fast ausschließlich mit Einheimischen zu tun.

Leider ist aber auch die Verständigung schwieriger. Viele Restaurants haben keine übersetzen Karten und gute Englischkenntnisse sind im Vergleich zu Tokio oder Kyoto weniger verbreitet. Macht aber nichts, die Japaner sind freundlich, hilfsbereit und geduldig. Notfalls wird mit Zeichensprache oder Bildern kommuniziert.

Zentrum und darüber hinaus

Osaka hat weitaus weniger Sehenswürdigkeiten zu bieten als andere Ecken in Japan. Die Beschreibungen in den Reiseführern sind deshalb auch kurz gehalten. Hier geht es mehr um das Stadtleben und die unterschiedlichen Kieze mit ihren Besonderheiten.

Reisebericht Osaka: Einkaufsstraße, Osaka
Einkaufsstraße in Osaka

Ich bin erst am späten Nachmittag angekommen und konnte Osaka direkt am Abend erleben. Das Schöne an Japan ist, dass man selbst in Großstädten nach Einbruch der Dunkelheit keine Sorge haben muss, überfallen oder bestohlen zu werden. Das macht Sightseeing natürlich viel entspannter.

America-mura

Erste Station war America-mura, das als „Szeneviertel“ mit viel jugendlicher Subkultur angepriesen wird. Mittelpunkt ist der Sankaku-Koen-Platz mit den für Japan typischen Videoleinwänden. Wie der Name schon sagt, ist in der Gegend viel „amerikanisiert“. Die Frage ist aber, ob man amerikanischen Lifestyle bei einer Japanreise wirklich erleben will.

Reisebericht Osaka: Nächtliches Osaka
Osaka @Night

Dotonbori

Der nächste Stop bei meiner Streiftour war das weiter südlich gelegene Dotonbori-Viertel, das so etwas wie das Epizentrum Osakas ist. Ähnlich Shibuya Crossing in Tokio herrscht hier nahezu 24 Stunden Hochbetrieb. Der Ausgangspunkt ist die Ebisu Bashi-Brücke, von wo man einen beeindruckenden Blick auf den Platz mitsamt den riesigen Reklametafeln hat.

Reisebericht Osaka: Dotonbori bei Tag
Dotonbori bei Tag

Wenn Ihr dort in westliche Richtung abbiegt, kommt Ihr zu einen kleinen Food Market, wo es besonders abends aus unzähligen Essenständen brodelt und dampft. Das ist Streetfood in höchster Qualität, so wie man es in Japan gewohnt ist.

Reisebericht Osaka: Food Market am Abend
Food Market in Dotonbori

Samstags gibt es am Ufer des Kanals abgefahrene Karaoke- und Tanzdarbietungen. Das Publikum feuert dabei die Akteure mit großer Leidenschaft an, was für europäische Augen und Ohren ein ziemlich schräges Spektakel ist.

Reisebericht Osaka: Tanzgruppe in Dotonbori
Dotonbori
Quelle: YouTube

Nipponbashi

Nach weiteren 15 Minuten Fußmarsch in südlicher Richtung landet Ihr in Osakas Männerparadies, Den-Den Town oder auch Nipponbashi genannt. Das Viertel liegt zwischen den U-Bahnstationen Nipponbashi und Ebisucho Station als Orientierungspunkte.

Ähnlich wie in Tokios Electric Town findet Ihr alles, was japanische Männerherzen höher schlagen lässt: Neue und gebrauchte Elektronik, Manga-Shops, aber auch „Massagesalons“ und Sexshops mit lustigen Schulmädchenuniformen in den Schaufenstern. In den Seitenstraßen wiederum gibt es viele urige Kneipen, Bars und Restaurants.

Reisebericht Osaka: Schulmädchen-Uniformen
Schulmädchen-Uniformen

Im Vergleich zu Electric Town sind in Nipponbashi abends überwiegend Männer unterwegs. Die Atmosphäre ist hier aber unaufgeregter und die Geräuschkulisse weniger schrill. Selbst als Frau könnt Ihr bedenkenlos alleine herumziehen, das Viertel ist weit entfernt vom klassisch-schmuddeligen Rotlicht-Flair.

Ōsaka-jō

Ōsaka-jō gehört zu den berühmtesten Burgen in Japan und ist eine der wenigen über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Touristenattraktionen. Daher laufen die meisten Besucherströme auch hier zusammen. Die Burg gilt als DAS Symbol für die Vereinigung Japans im 16. Jahrhundert. Einen guten Einblick in die Geschichte gibt die offizielle Homepage von Ōsaka-jō.

Reisebericht Osaka: Ōsaka-jō von außen
Ōsaka-jō

Die Burg wurde im Laufe der Jahrhunderte nach kriegerischen Auseinandersetzungen immer wieder aufgebaut und befindet sich heute in einem perfekten Zustand. Auf jeder Ebene könnt Ihr Euch Dokumentationen über japanische Geschichte anschauen. Da mein Wissen darüber nicht tief genug ist, blieb leider auch wenig hängen. Dafür müsste man sich im Vorfeld intensiver mit den verschiedenen Epochen und Dynastien beschäftigen.

Reisebericht Osaka: Ausstellung in Ōsaka-jō
Nachgestellte Kampfszene – Ōsaka-jō

Die 600 Yen für den Eintritt in die Burg selbst hätte ich mir daher auch sparen können. Trotzdem macht es Spass, durch den Park zu laufen, der besonders am Wochenende von vielen japanischen Familien zum Kräftetanken genutzt wird.

Reisebericht Osaka: Oma und Enkelin im Park von Ōsaka-jō
„Nein, mein Eis bekommt Ihr nicht“ – Park von Ōsaka-jō

Empfehlen kann ich Euch darüber hinaus den direkt an die Burg angrenzenden Hokoku Schrein. Hier ist viel weniger Betrieb und die großzügige Anlage strahlt eine besondere Präsenz aus. Eine der wenigen englischsprachigen Beschreibungen findet Ihr hier.

Tennoji und Shinsekai

Mit den beieinander liegenden Vierteln Tennoji und Shinsekai taucht Ihr wahrscheinlich in den „un-touristischsten“ Teil Eurer Japan-Reise ein. Insbesondere Shinsekai ist der Prototyp des klassisches Arbeiterviertels und hat so gar nichts mit den Besuchermagneten wie Kyoto oder Tokio zu tun. Auf überflüssigen Chic wird hier verzichtet und trotzdem könnt Ihr überraschend viel entdecken, wenn Ihr Euch ausreichend Zeit nehmt.

Tennoji

Los geht’s beim Ausgang der U-Bahn Station Shitennōji-mae Yūhigaoka. Oben angekommen landet Ihr direkt in einer der belebten Einkaufsstraßen im Viertel. Bevor es aber weiter zum Shitennoji-Tempel geht, machen wir einen kurzen Abstecher quer über die Straße zu einem seiner Ableger.

Resisebericht Osaka: Shoman-in Aizen-do Tempel
Shoman-in Aizen-do Tempel

Shoman-in Aizen-do (Aizen-san) wirkt inmitten der Hochhäuser etwas aus der Reihe gefallen. Hinter den Mauern findet Ihr eine kleine, fast schon märchenhaft verwinkelte Anlage mit einem buddhistischen Friedhof und sympathisch-lustigen Figuren.

Reisebericht Osaka: Shoman-in Aizen-do Tempel
Shoman-in Aizen-do Tempel

Es geht wieder zurück auf die andere Seite zur U-Bahnstation Shitennōji-mae Yūhigaoka. Von dort aus lauft Ihr in südliche Richtung und seht links am Ende der Straße das Tor zum Shitennoji-Tempel. Wie bei den meisten Tempelanlagen gib es vor dem Eingang auch hier die typischen bunten Verkaufsstände.

Die Anlage hinter dem Tor ist riesig und es gibt viel zu entdecken. Wenn Ihr Glück habt, könnt Ihr eine der buddhistischen Zeremonien miterleben, bei denen Papierzettel mit Wünschen durch einen kleinen Teich gelotst werden. Shitennoji gilt als einer der ältesten Tempel in Japan, die Entstehung wird auf das 6. Jahrhundert datiert.

Shitennoji-Tempel
Shitennoji-Tempel

Direkt auf dem Weg zum Shinsekai-Viertel liegt der Tennoji-Park, der von den Locals gerne für die kurze Entspannung zwischendurch genutzt wird. Der Park hat einiges zu bieten, unter anderem einen kleinen Zoo, einen botanischen Garten, einen Schrein (Horikoshi Shrine), einen buddhistischen Friedhof und ein Museum (Osaka Municipal Museum of Fine Art). Das ist alles nicht spektakulär, aber angenehm bodenständig und passt zum Lifestyle der Gegend.

Shinsekai

Auf der westlichen Seite des Parks angekommen, stolpert Ihr direkt in das Arbeiterviertel Shinsekai. Während Tennoji einen eher familiäreren Charakter hat, wirkt Shinsekai wie das Wedding Osakas. Die Häuser sind grauer und die Bars und Restaurants einfacher, ebenso wie der Kleidungsstil der Leute. Als „heruntergekommen“ würde ich die Gegend aber trotzdem nicht bezeichnen, wie es manche Reiseführer tun.

Reisebericht Osaka: Bar im Shinsekai-Viertel
Shinsekai-Viertel

Ihr seht von Weitem schon den Tsūtenkaku-Tower, ein Sende- und Aussichtsturm, von dem Ihr bestimmt einen hervorragenden Blick auf Osaka habt. Das Vergnügen war mir leider verwehrt, ich hatte einen der wenigen verregneten Tage erwischt.

Hinter dem Turm landet Ihr in einem überschaubaren Shopping- und Vergnügungsviertel mit Markthalle, Essensständen und kleinen Bars, wo sich die Arbeiter nach Feierabend noch gerne auf ein Bier oder einen Sake mit Kollegen treffen.

Tempozan Fährhafen

Fall Ihr dann noch Zeit habt, könnt Ihr am Tempozan Fährhafen einen besonderen Sonnenuntergang vor stählerner Kulisse erleben. Tempozan ist vom Zentrum 20 Minuten mit der Bahn entfernt und hat speziell für Familien einiges zu bieten: eines der größten Riesenräder der Welt, ein gigantisches Einkaufszentrum, Aqua World und einen Themenpark von Universal Studio.

Reisebericht Osaka: Tempozan-Hafen bei Sonnenuntergang
Tempozan-Hafen

Die Umgebung ist relativ trist, so wie es sich für einen Hafen gehört. Am Abend aber wirft die untergehende Sonne auf das Viertel ein fast schon romantisches Licht.

Reisebericht Osaka: Fährhafen Tempozan bei Sonnenuntergang
Tempozan-Hafen

Fazit

Wenn Euch die touristischen Highlights während der Reise zu viel werden und Ihr trotzdem den Spirit einer japanischen Metropole erleben wollt, dann seid Ihr hier genau richtig. Osaka ist etwas für Entdecker, die gerne die ausgetretenen Pfade verlassen.

1 Kommentare

  1. Sehr schöner Bericht. Genau so habe ich Osaka auch empfunden und im Vergleich zu Tokyo und Kyoto hat mich Osaka einfach gepackt. Leider haben wir bei der Reiseplanung unsere Schwerpunkte auf die anderen beiden Städte gelegt, weshalb Osaka ein bisschen zu kurz kam – das wird uns beim nächsten Mal nicht noch einmal passieren. 🙂

    Liebe Grüße
    Colle

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