5 Tage Rügen reichen beim besten Willen nicht, um alles zu sehen. Die Insel überzeugt aber nicht nur mit ihrer schieren Größe, sondern auch mit einer atemberaubenden und überraschend diversen Natur. Ich war begeistert und werde auf jeden Fall wiederkommen. Hier meine Reisetipps nach 5 Tagen Rügen.
Inhaltsverzeichnis
5 Tage Rügen – Das Wichtigste
Ich hatte Ende April/Anfang Mai seit langem wieder satte drei Wochen Urlaub und wollte unbedingt ein paar Tage etwas anderes als Berlin-Prenzlauer Berg sehen. In der engeren Auswahl waren die Kanaren, wo ich schon einige Male war (siehe Reiseberichte hier) und Madeira, das mich wegen der angepriesenen Natur schon immer gereizt hatte. Letzteres kam nach der ersten Recherche wegen der krass gestiegenen Post-Pandemie-Preise nicht mehr in Frage. Ein anderes Mal, vielleicht. Auch die Kanaren waren mir am Ende zu aufwendig und zudem schon gut ausgebucht.
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ – vielleicht hatte der alte Goethe diesmal doch recht. Warum eigentlich nicht mal wieder an die Ostsee? Das ist von Berlin mit der Bahn schnell zu erreichen, in Summe günstiger als Madeira und man tut darüber hinaus noch etwas für die Klimabilanz. In der Nachbetrachtung: Genau die richtige Entscheidung.
Resümee
Wie schon gesagt, Rügen ist groß und mit einer Fläche von 930 Quadratkilometern die größte Insel Deutschlands. Daher solltet Ihr nicht den Anspruch haben, in einer knappen Woche alles anzuschauen. Konzentriert Euch am besten auf einen bestimmten Teil und erkundet den dafür intensiver.
Die Landschaft hat mich überrascht. Ihr findet so ziemlich alles, was das Herz begehrt: raue Klippen, Sandstrände, Felder und Wiesen und vor allem viel Wald. Rügen ist daher perfekt geeignet für ausgedehnte Wandertouren. Darüber hinaus punktet die Insel mit wunderschöner Architektur und viel Kultur, wenn das Wetter mal nicht mitspielen will.
Übernachten
Da mir klar war, dass ich nicht alles anschauen kann in fünf Tagen, hatte ich mich für den nord (-östlichen) Teil entschieden mit Unterkunft in Binz. Zum einen wegen der schnellen Erreichbarkeit (der ICE fährt von Berlin direkt nach Binz), zum anderen wegen der Halbinsel Jasmund mit dem gleichnamigen Nationalpark, der die abwechslungsreichste Natur versprach.
Als Unterkunft hatte ich mir das Strandhotel Binz gegönnt für knapp 100€ pro Nacht. Das Hotel liegt direkt an der Strandpromenade von Binz und hat im Dachgeschoss einen top gepflegten Spa-Bereich. Das angeschlossene Restaurant, natürlich mit Fokus auf Fisch, solltet Ihr auf jeden Fall ausprobieren. Die Lage als Ausgangspunkt für Touren und die Infrastruktur sprechen eindeutig für Binz.
Mobilität
Bei meinen Trips auf den Kanaren habe ich mich ausschließlich mit Mietwagen fortbewegt. Die Preise dort sind überschaubar und das ÖPNV-Netz ist (leider) nicht überall ausreichend dicht. Auf Rügen ist es umgekehrt. Die Mietwagenpreise gehen allmählich an die Schmerzgrenze. Dafür gibt es überraschend ordentliche und vor allem pünktliche Bus- und Bahnverbindungen.
Ihr solltet Euch auf der anderen Seite aber bewusst sein, dass Ihr damit weniger flexibel seid und teilweise die Touren den verfügbaren Busverbindungen anpassen müsst. Die Suche könnt Ihr über die etwas unhandliche Seite der Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen oder alternativ über die DB-App machen. Es gibt Schlimmeres und man tut damit der Umwelt etwas Gutes. Besonders charmant bei den Busfahrten: Die Haltestellen werden ausschließlich von einheimischen Schulkindern angesagt.
Reisezeit
Wenn Ihr flexibel seid, empfehle ich Euch die Ferienzeit und die Wochenenden zu vermeiden. Die Preisunterschiede sind signifikant und der Betrieb auf der Insel ist in der Hauptsaison logischerweise höher. Ich habe mich für die Anreise Sonntag und Abreise Freitag in der letzten April-Woche entschieden. Das war die richtige Entscheidung. Auf meinen Touren war ich weitgehend alleine unterwegs und reservieren musste ich in den Restaurants auch nicht.
Einziger Wermutstropfen: Zu dieser Jahreszeit kann es noch sehr kühl sein. Selbst tagsüber sind die Temperaturen kaum über die 10 Grad-Marke geklettert. Zudem ist die Vegetation im April noch nicht so weit. Sattes Grün auf den Bäumen könnt Ihr lange suchen. Macht nix, wir sind an der Ostsee und die Insel versprüht dadurch einen noch etwas raueren Charme.
5 Tage Rügen – Meine Touren-Tipps
Wie immer bei meinen Trips wollte ich einen gute Kombi aus Kultur, Sightseeing und Natur während der 5 Tage Rügen haben. Zur Vorbereitung hatte ich mir den ADAC Reiseführer Rügen (mit Hiddensee und Stralsund) gekauft. Für die Wanderungen hatte ich mir eine Shortlist an Touren sowohl in der Komoot– als auch in der Rother-App zusammengestellt.
Hexenwald und Lietzow
Die etwas über 3-stündige Wanderung findet Ihr bei Rother. Startpunkt ist Lasswitz, das Ihr bequem mit dem Regio von Binz erreicht. Die Tour ist landschaftlich super abwechslungsreich und punktet besonders durch ihre verschlungenen Waldwege, auf denen ich weitgehend alleine unterwegs war. Das Highlight ist der sogenannte „Hexenwald“, eine Ansammlung skurriler, fast schon gespenstisch anmutender Bäume. Es handelt sich hier also nicht um einen ausgewachsenen Wald, sondern um ein überschaubares Grüppchen an Bäumen.
Die Tour geht bis zum Martinshafen Sagard, wobei Ihr Euch den sparen könnt, da weder schön noch auf eine andere Art und Weise interessant. Auf der Strecke findet Ihr auch so gut wie keine Optionen zum Lunch. Ganz passabel und bodenständig ist auf dem Rückweg der Imbiss Strandgut Lietzow. Da die Tour zeitlich überschaubar ist, lohnt sich noch etwas Sightseeing in Binz. Ich hatte mir den Müther-Turm, ein architektonisches Kunstwerk in Form eines Ufos und die Binzer Seebrücke, die abends ganz besonders stimmungsvoll ist, angeschaut.
Tourdaten: Strecke – 12 km; Dauer – 3:20 h; Start / Ende – Parkplatz am Damm in Lietzow (Quelle: Rother)
Nationalpark Jasmund
Für den zweiten Tag hatte ich mir die Tour von Sassnitz zum Königsstuhl vorgenommen. Alleine schon für Sassnitz lohnt sich die Anfahrt. Der Ort hat eine wunderschöne Altstadt mit der für Rügen typischen Architektur. Für die Tour braucht Ihr festes Schuhwerk. Der erste Teil geht am Strand unterhalb der berühmten Kreidefelsen entlang. Das ist beeindruckend, aber auch anstrengend, über den steinigen Untergrund zu balancieren. Zudem müsst Ihr auf Schlammlöcher achten. Mich hat es erwischt. Die Schuhe waren zum Glück noch dran, den Rest des Tages musste ich dafür mit einer fetten Lehmschicht bis zum Knie weiterlaufen.
Das letzte Drittel geht durch den Wald oberhalb der Kreidefelsen. Der Perspektivenwechsel und die Ausblicke auf die Steilküste sind grandios. Die Touristengruppen auf den letzten Kilometern kündigen den Königsstuhl mit dem neu gebauten Skywalk an. Letzterer hat mich nur mittel beeindruckt. Auf der Tour gibt es wesentlich spannendere Weitblicke. Die 12€ Eintritt lohnen sich trotzdem, auch wegen des Informationszentrums, in dem es zudem ein ordentliches (Selbstbedienungs-)Restaurant gibt. Von dort fährt dann alle 30 Minuten ein Bus zurück nach Sassnitz. Schön war’s und den Tag habe ich in der Sauna des Strandhotels Binz ausklingen lassen.
Von Sellin bis Baabe
Dritter Tag und damit Halbzeit. Diesmal hatte ich mir eine Tour östlich von Binz ausgesucht, von Sellin nach Baabe. Sellin war bei der Planung für meine 5 Tage Rügen einer der Optionen zum Übernachten. Ich hatte mich für Binz entscheiden aufgrund der kürzeren Anfahrt zum Nationalpark Jasmund. Hier findet Ihr eine gute Entscheidungshilfe bei der Frage, ob Binz oder Sellin. Zurück zur Tour. Das Highlight ist das Jagdschloss Granitz, das Ihr nach dem ersten Drittel der Wegstrecke erreicht. Der Aufstieg zum Turm ist etwas abenteuerlich, der Ausblick lohnt sich aber. Es gibt dort auch eine gut gemachte Ausstellung mit Einblicken in das fürstliche Leben von Rügen.
Die Tour führt durch die für Rügen typisch abwechslungsreiche Landschaft mit viel Wald, Schilf und abgelegenen Dörfern. Besonders schnuckelig ist der kleine Ort Lancken-Granitz mit seiner wunderschönen Dorfkirche, die direkt auf der Strecke liegt. Ein weiteres Highlight war meine kürzeste Fährfahrt ever. Um nach Baabe zu kommen, müsst Ihr die Baaber Bek, einen kleinen Kanal, überqueren. Dafür ruft Ihr den Fährmann auf seinem Handy an, der sofort anrückt, um Euch sicher für 2€ in knapp zwei Minuten auf die andere Seite zu bringen. Lunch empfehle ich Euch als Abschluss im Zum Fischer, ein super kleines Lokal mit richtiger Rügener Hausmannskost.
Tourdaten: Strecke – 15.6 km; Dauer – 3:39 h; Start – Evangelische Kirche Sellin; Ende – Busbahnhof Baabe (Quelle: Rother)
Baumwipfelpfad und Koloss von Prora
Nach drei Tagen Wandern stand Sightseeing auf dem Plan. Zwei Ziele bieten sich dafür an: der sogenannte „Koloss von Prora“ und der Baumwipfelpfad. Beide liegen nahe beieinander und sind mit dem Bus von Binz aus schnell erreichbar. Der Baumwipfelpfad ist umfangreicher als ich dachte. Eine Stunde solltet Ihr dafür mindestens einplanen, wenn ihr Euch mit den wirklich gut gemachten Erklärungen zur Rügener Tier- und Pflanzenwelt beschäftigen wollt. Tickets (13€) könnt Ihr vorab auf der Seite des Naturerbe Zentrums Rügen kaufen. Im Natur- und Kunstkabinett direkt beim Pfad gibt es zudem spannende Kunst- und Naturausstellungen zu sehen. Einziger Wermutstropfen: Im April sind die Baumwipfel noch weitgehend kahl. Wenn möglich, macht die Tour etwas später im Jahr.
Beim zweiten Teil war ich gespannt, was es mit dem „Koloss von Prora“ auf sich hat. Durch die unglaubliche Länge von über 500 Metern ist es schwer, den richtigen Einstieg zu finden. Am besten startet Ihr beim Dokumentationszentrum, wo sowohl die wechselhafte Geschichte des Ungetüms (aka „KdF-Seebad Rügen“), als auch die Nazi-Vergangenheit der Insel eindrucksvoll erzählt wird. Besonders erschreckend die Lügenpropaganda der Nazis: Der Bau war von Anfang an für Kriegszwecke und nicht, wie dem Volk vorgegaukelt, als Erholungsstätte geplant. Die unsanierten Blöcke haben einen echten Lost Places-Flair. Die sanierten Abschnitte wirken eher unspektaktulär, wenn man die Geschichte dahinter für einen Moment ausblendet. Dazwischen reiht sich Baustelle an Baustelle.
Lohme und Sassnitz
Fünfter und letzter Tag. Diesmal ging es noch weiter nördlich auf der Halbinsel Jasmund. Nach Lohme kommt Ihr mit dem Bus über Sassnitz und es lohnt sich, auf dem Rückweg die Altstadt anzuschauen. Die (Rund-)Tour war die schönste während meiner 5 Tage Rügen, was auch mit dem grandiosen Wetter zu tun hatte. Lohme selbst ist ein kleiner, verschlafener Ort mit einem ebenso kleinen Hafen (lohnt sich aber nicht zum Anschauen). Auf der Wanderung entlang der Küste kommt man immer wieder an den für die Region typischen Mini-Häusern vorbei (siehe Bilder unten). Auch diese Tour ist super abwechslungsreich, hier bekommt Ihr alles zu sehen, was Rügen landschaftlich zu bieten hat. Auf der gesamten Strecke bin ich außer einem Reh und einem Hasen niemandem begegnet.
Bevor Ihr nach Sassnitz zurückfahrt, empfehle ich Euch in Lohme im Restaurant Daheim zu lunchen. Dort gibt es leckere Fischgerichte und die Bushaltestelle befindet sich direkt gegenüber. Steigt in Sassnitz dann am besten an der Hauptstraße aus. Von da aus seid Ihr in fünf Minuten in der Altstadt und könnt zu Fuß eine Tour am Ufer entlang bis zum Hafen machen. Plant dafür zirka eine Stunde ein. Es macht Spass, durch die kleinen Gassen zu streifen und sich die sehr spezielle Architektur der historischen Gebäude anzuschauen.
5 Tage Rügen – Zum Schluss
Super war’s und ich bin durch die 5 Tage Rügen top erholt, sicher und schnell mit dem ICE wieder in Berlin gelandet. Beim nächsten Mal knöpfe ich mir den nördlichsten Teil der Insel, die Gegend rund um Kap Arkona, vor. Und die wichtigste Erkenntnis nach meinem Trip: Es muss wirklich nicht immer Madeira sein.
Hier noch ein paar hilfreiche Links für die Urlaubsplanung: