Neben Tempelanlagen und Mega-Cities fasziniert Japan mit einer atemberaubenden Natur. Die Möglichkeiten, sich dort beim Hiking auszutoben sind in fast jeder Region riesig. Im Oktober hatte ich einen 3.000er bei Nagano in Angriff genommen, und Affen gab’s auch noch zu sehen. Hier meine Erfahrungen über Hiking in Japan.
Table of Contents
Hiking in Japan
Für mich bedeutet der ideale Urlaub eine perfekte Kombination aus Großstadt, Kultur und Natur. Letzteres ist in Japan nahezu im Überfluss vorhanden. Selbst wenn Ihr Euch hauptsächlich auf die großen Städte konzentriert, könnt Ihr von dort aus Tagestrips in die nahegelegenen Nationalparks machen. Bestes Beispiel dafür ist das zirka eine Stunde von Tokio entfernte Kamakura, Ausgangspunkt für fantastische Tempelwanderungen.
Einen Überblick über der wichtigsten Nationalparks findet Ihr unter japan-guide.com. Da ich nur drei Wochen Zeit hatte und die Anfahrtswege kurz halten wollte, konzentrierte ich mich bei der Planung auf Zentral-Honshū. Es gab zwei Gebiete, die mich interessierten. Zum einen die Region um Nikko und den Chūzenji-See. Zum anderen die Region südlich von Nagano. Letztere fand ich wegen der imposanteren Berggipfel und den weltberühmten „Snow Monkeys“ reizvoller.
Planung
Durch das hervorragende (Schienen)-Verkehrsnetz erreicht Ihr von Tokio aus fast jeden Winkel auf Zentral-Honshū innerhalb von zwei Stunden. Die Betonung liegt auf „fast“. Sobald Ihr die größeren Anlaufstellen wie Nagano erreicht habt, wird es anstrengend, in die teils abgelegenen Winkel der Nationalparks zu kommen. Die einzige Möglichkeit sind hier die dünn gesäten Buslinien oder das eigene Auto.
Ähnlich verhält es sich mit den Unterkünften. Die meisten größeren Hotels und Ryokans sind über Booking.com & Co. einfach zu buchen. Bei der Reservierung von Übernachtungsoptionen in den Nationalparks, besonders in kleineren Berghütten, wird es schwer. Sofern man diese über Google Maps findet, sind die Online-Auftritte häufig nur auf Japanisch und bei telefonischen Anfragen ist die Sprachbarriere eine echte Herausforderung.
Gleiches gilt für die Routenplanung. Kartenmaterial und Touren-Apps sind in der Regel in der Landessprache, was eine zusätzliche Challenge ist. Zum Glück habe ich den Trip mit einem Bekannten gemacht, der schon länger in Japan lebt und die Planungshürden wesentlich besser meistern kann.
Reisezeit
Die beste Reisezeit ist Frühjahr und Herbst. Falls Ihr Euch ausschließlich im Hochgebirge beziehungsweise im Norden aufhaltet, könnt Ihr natürlich auch im Sommer fahren. Ansonsten sind die Sommermonate aufgrund des feucht-heißen Klimas nicht zu empfehlen. Der Herbst ist zwar durch die leuchtenden Farben der Wälder spektakulär, aber die Taifunsaison von Juli bis November kann Euch einen Strich durch die Rechnung machen. Uns hat leider Hagibis erwischt. Glück im Unglück, zumindest konnten wir noch sturmfrei unsere Hiking-Tour bei Traumwetter beenden.
Egal, wann Ihr Euren Trip plant, informiert Euch vorher über die gesetzlichen Feiertage. Durch die geringe Zahl an Urlaubstagen und die „gleichgeschaltete“ Abwesenheit in den Firmen, herrscht um die wichtigen Feiertage herum Hochbetrieb in den Nationalparks. Einen schnellen Überblick findet Ihr unter schulferien.org.
Klamotten
Selbst wenn Ende September / Anfang Oktober noch Temperaturen bis 30 Grad herrschen, kann es in den Bergen schon empfindlich kalt sein. Nachts und in den frühen Morgenstunden fällt das Thermometer dann zügig bis zum Gefrierpunkt oder darunter. Gerade wenn Ihr eine Übernachtung auf einer Berghütte plant, solltet Ihr das richtige Equipment dabei haben.
Hier meine „Packliste“, mit der ich gut gefahren bin:
- Trekking-Schuhe für anspruchsvolles Terrain: Mein Favorit dafür sind seit Jahren die Camino GTX von Lowa.
- Leichte bis mittlere Fleecejacke, am besten mit Kapuze.
- Atmungsaktive Hardshell-Regenjacke: Die Lotto von Bergans kommt ohne Schnickschnack aus und ich nutze sie beim Reisen auch als „normale“ Jacke.
- Kurzes Shirt, plus zwei weitere zum Wechseln: Als Merino-Fan bin ich mittlerweile Dauerkunde bei Icebreaker. Die Shirts trocknen schnell und riechen selbst nach mehreren Stunden Power-Hiking nicht.
- Funktionsunterwäsche: Wie bei den Shirts, Merino-Wolle und sonst gar nichts, natürlich auch von Icebreaker.
- Hiking-Socken, plus ein Paar zum Wechseln: Hier schwöre ich auf Falke, nicht ganz billig, aber halten ewig und sind atmungsaktiv.
- Trekking-Hose: Jeans sind o.k. bei leichten Touren. Wenn es anstrengender wird und ihr vernünftige Taschen braucht für Kleinkram, ist eine richtige Trekking-Hose Pflicht. Ich trage die Fjällräven Barents Pro, mega robust und ideal für Hikes im Frühjahr und Herbst.
- Rucksack: Bei einer Übernachtung reicht ein 25-30l Rucksack. Denkt aber daran, dass Ihr in Japan Euren Müll wieder mitnehmen müsst. Daher lieber ein paar Liter mehr einplanen. Für solche Touren habe ich mir den Osprey Hikelite 26 zugelegt.
- Der übliche Kleinkram wie: Sonnencreme, Pflaster, Zahnbürste/-pasta, Seife/Duschgel, Handtuch (PRIME ART WOOD Bambus Reisehandtuch), Schirmmütze (McKinley New Tesslin), Sonnenbrille und Powerbank für’s Smartphone (z.B. die Anker PowerCore II 10000mAh).
Einen Schlafsack haben wir auf der Hütte nicht gebraucht. Matratzen und Decken werden in den meisten größeren Lodges gestellt. Bei manchen Routen werden Helme empfohlen, was wegen Steinschlag und der Sturzgefahr bei steilen An- oder Abstiegen sinnvoll ist. Helme könnt Ihr in vielen Hütten gegen eine geringe Gebühr ausleihen.
Die Tour
Wir waren insgesamt fünf Tage unterwegs und es kam uns auf eine gute Mischung aus Hiking, Natur und Sightseeing an. Die Gegend um Nagano hat neben den 3000er Bergen noch eine Menge mehr zu bieten. Daher war die Planung etwas aufwändiger, um alles in der knappen Woche unter einen Hut zu bekommen.
Wir sind am Abend vor unserem ersten Hike mit dem Zug von Tokio angereist und hatten uns am Bahnhof in Chino einen Mietwagen reserviert. Im Nachhinein würde ich ein geländegängiges Auto wählen. Die Strecken in den Nationalparks sind teilweise sehr „holprig“ und für einen normalen Kleinwagen nicht gut geeignet. Übernachtet haben wir im Candeo Hotels Chino.
Tag 1: Warmlaufen und Hüttenzauber
Am nächsten Morgen ging es weiter zur Talstation, der Yamanoko Lodge. Wie schon erwähnt, ist die „Straße“ zum großen Teil eine Herausforderung. Bei der Lodge könnt Ihr das Auto sicher abstellen und direkt in den Hike einsteigen. Erstes Ziel ist die Mittelstation (Gyoja Hut, 行者小屋) auf 2300 Metern Höhe. Der Anstieg dauert viereinhalb Stunden und erfordert besonders auf den ersten Kilometern eine gute Kondition. Der Weg führt durch ein Waldgebiet, das mit seiner von Moos überwucherten Vegetation etwas Märchenhaftes hat.
Nach weiteren zwei Stunden Anstieg sind wir am späten Nachmittag in der Akadake Kosen Cabin angekommen. Die Lodge ist – typisch japanisch – top gepflegt und lässt auch kulinarisch keine Wünsche offen. Zum Dinner wurde ein super leckeres Menü serviert. Es gibt auf der Hütte zwar keine Duschen, aber ausreichend Waschmöglichkeiten – und als Highlight, wie es sich in Japan gehört, einen richtigen Onsen. Um 21:00 Uhr geht dann das Licht aus, spätestens zum Sonnenaufgang sollte man zur Gipfeltour wieder aufbrechen.
Tag 2: Gipfelsturm und Grüße an den Mt. Fuji
Ihr könnt auf den größeren Hütten entweder eine private Cabin (maximal drei bis vier Personen) oder einen Platz in einem der Schlafsäle reservieren. Für die Hartgesottenen gibt es vor der Lodge einen (sehr idyllischen) Zeltplatz. Frühstück wird entweder direkt auf der Hütte oder zum Mitnehmen angeboten. Zur unchristlichen Zeit um 6:00 Uhr ging es los.
Ausgangsbasis ist die Mittelstation (Gyoja Hut), wo Ihr Euch Helme ausleihen und mit Proviant eindecken könnt. Es gibt mehrere Optionen für die Gipfeltour. Am besten erkundigt Ihr Euch darüber vor Ort. Zumindest einen groben Überblick findet Ihr unter Hikes in Japan. Der Anstieg ist gelinde gesagt „anspruchsvoll“ und dauert je nach Route und Fitness zwischen drei und vier Stunden. Es geht teilweise über Steigleitern hoch und später in ähnlicher Weise wieder nach unten. Die Tour empfehle ich nur für Leute mit guter Kondition und ohne Höhenangst.
Die Anstrengungen werden mit einem sagenhaften Blick auf den Mount Fuji belohnt. Alleine für die Aussicht hat sich die Tour schon gelohnt. Beim Abstieg müsst Ihr Euch höllisch konzentrieren, besonders wenn die Aufmerksamkeit nach den Strapazen etwas nachlässt. Zwei weitere Stunden später landet Ihr wieder bei der Mittelstation, wo Ihr die Helme abgeben und lunchen könnt. Von da aus geht es auf demselben Weg wie am ersten Tag zurück zur Talstation (Yamanoko Lodge). Cool war’s, gerne wieder!
Tag 3: Auslaufen und badende Affen
Das Onsen-Bad, ein kulinarisches Dinner-Highlight und eine Nacht mit sehr tiefem Schlaf im Kamisuwa Onsen Shinyu machten uns wieder fit für die nächste Station. Erster Anlaufpunkt war Asahiyama, ein „moderates“ Wandergebiet mit einem idyllisch gelegenen See in seiner Mitte (Biwa-Ike). Die Gegend ist nicht geeignet für intensives Hochgebirgs-Hiking, aber perfekt zum entspannten Auslaufen und um Energie zu tanken.
Die Autofahrt zum eigentlichen Highlight, dem Snow Monkey Park, dauert eine knappe Stunde. Schon auf der Strecke wird man von Affen begrüßt und ihr solltet Euch daher an die entsprechenden Tempolimits halten. Beim Park könnt Ihr Euer Auto abstellen und müsst dann ungefähr 15 bis 20 Minuten bergauf zum Eingang laufen. Der Anstieg ist nicht schwer, denkt aber besonders bei schlechtem Wetter an robuste Schuhe. Der Eintritt kostet für Erwachsene 800 Yen (ca. 7€).
Die Begegnung mit den wilden Affen ist dank der schmalen Wege und der geringen Abstände zu den Tieren noch intensiver als auf dem Monkey Hill in Kyoto – siehe meine Reisetipps Kyoto. Füttern und Anfassen sind natürlich verboten und Ihr solltet Euch so ruhig wie möglich verhalten. Seid Euch bewusst, dass wir Menschen hier nur zu Gast sind und die Affen uns lediglich in ihrem Revier dulden.
Ich kann mir vorstellen, dass das Ambiente bei Schnee noch spektakulärer ist, aber auch zu anderen Jahreszeiten genehmigen sich unsere Vorfahren ein entspanntes Bad im Onsen. Nehmt unbedingt ein Teleobjektiv mit, um die ausdrucksstarken Gesichter der Tiere besser einfangen zu können.
Mein Resümee: Der Snow Monkey Park ist ein Hammer Erlebnis – unbedingt anschauen!
Tag 4: Fällt ins Wasser
Tag vier fiel buchstäblich ins Wasser. Schon am Abend davor hatten wir die Vorboten des Taifuns Hagibis zu spüren bekommen. In der Nacht häuften sich dann die Katastrophenmeldung aus fast allen Regionen Japans. Besonders die sintflutartigen Regenfälle und Erdrutsche setzten weite Teile der Verkehrsinfrastruktur außer Gefecht. Das heißt, wichtige Straßen wurden gesperrt, Flüsse traten über und Bahnverbindungen konnten nicht mehr bedient werden. Noch schlimmer als der eingeschränkte Verkehr waren natürlich die vielen Toten und Verletzten, die Japan und andere Länder am Ende zu beklagen hatten.
Wir waren in unserer Unterkunft (Ryokan Biyu No Yado) zum Glück sicher und nutzten die freie Zeit, um die Optionen für die Rückfahrt nach Tokio zu checken. Spoiler: Hat alles super geklappt, die Japaner sind wahre Meister der Organisation. Trotz der massiven Beschädigung der Infrastruktur hat der Bahnverkehr mit etwas Improvisation schnell wieder funktioniert. Beeindruckend auch das disziplinierte und tiefenentspannte Verhalten der Japaner auf den Bahnhöfen und in den Zügen. Davon sollten wir uns in unserer ach so individualistischen (westlichen) Welt ein Stück abschneiden!
Tag 5: Dorfleben und Japanischer Wein
Wer hat’s gewusst? Japan ist ein Weinbaugebiet. Und damit meine ich nicht den Sake – der im Übrigen aus Reis gewonnen wird – sondern „richtigen“ Wein, aus Trauben gekeltert. Nagano gehört mit zu den bedeutendsten Anbaugebieten und es lohnt sich, durch die Landschaft zu streifen und besonders die kleineren Güter zu besuchen. Einen Überblick findet Ihr unter nagano-wine.jp. Aber Vorsicht! Falls Ihr selbst mit dem Auto fahrt, bekommt Ihr keinen Tropfen ausgeschenkt und das ist auch nicht verhandelbar.
Ein guter Ausgangspunkt für Wein- und Sake-Touren ist Obuse, ein sympathischer Ort, der sich alleine schon wegen der vielen Feinkostläden und Museen lohnt (besonderer Tipp: Das Hokusai-kan Museum). Am späten Nachmittag macht ein Ausflug nach Yudanaka (Onsen) und Shibu (Onsen) Sinn. Beide Orte sind, wie der Name schon sagt, für ihre heißen Thermalquellen bekannt. Besonders am Abend wird es dort wunderbar „atmosphärisch“, wenn die untergehende Sonne die kleinen Gassen in ihr Licht taucht.
Sayōnara, bye bye Nagano. You rock!
Super Artikel, tolle Reise. Neid!
Toller Bericht und schöne Bilder! Ich habe noch nie badende Affen gesehen. Das muss ich unbedingt mal live sehen.
LG Tanja