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Venedig im Rotlicht – Insidertipps Amsterdam

Kiffen und Rotlichtviertel – damit assoziieren viele als Allererstes die niederländische Hautpstadt. Es stimmt, dass sich im Zentrum vieles darum dreht. Wenn Ihr das aber links liegen lasst, werdet Ihr begeistert sein. Es ist die Mischung aus Kultur, Architektur und der typisch holländischen Verschrobenheit, die aus einem Wochenende etwas Besonderes machen. Hier meine Insidertipps Amsterdam.

Insidertipps Amsterdam – das Wichtigste zuerst

Hohe Preise: Übernachtungen und Taxis sind in Amsterdam am teuersten. Selbst Airbnb-Angebote oder Hostels liegen deutlich über dem Preisniveau deutscher Großstädte. Ich kann nur empfehlen, Unterkünfte rechtzeitig zu buchen, nicht nur wegen der Kosten, sondern weil Amsterdam ein begehrtes Wochenendziel ist. Essen gehen und Eintritte sind im Vergleich dazu aber moderat.

Zentral buchen: Trotz der Preise empfehle ich ein Hotel direkt im Zentrum (Centrum). Von hier aus könnt Ihr das Wichtigste zu Fuß zu erreichen. Amsterdam ist von der Einwohnerzahl her zwar keine Weltmetropole, aber die Entfernungen sind größer als man auf den ersten Blick denkt. Bei weiteren Strecken ist das sehr gut ausgebaute Straßenbahnnetz eine günstige Alternative.

Insidertipps Amsterdam: Blick auf die Grachten
Amsterdamer Grachten

Früh aufstehen: Besonders am Wochenende und im Sommer ist Hochbetrieb. Wenn Ihr aber früh aufsteht, habt Ihr Amsterdam ein paar Stunden für Euch alleine. Dann macht auch im Zentrum Sightseeing richtig Spass, ohne den nervigen Rotlicht- und „Kräuter“-Tourismus.

Sauber und (einigermaßen) sicher: Amsterdam ist vom Ambiente vergleichbar mit skandinavischen Städten. Selbst in den Außenbezirken ist alles sauber und gepflegt. Überfälle auf offener Straße sind eher selten, aber Beschaffungskriminalität ist weiterhin ein Problem und zeigt sich durch eine hohe Anzahl an Autoeinbrüchen.

Kaum Nepp: Obwohl Amsterdam viele Besucher anzieht, habe ich nirgendwo nennenswerten Nepp oder nervige Winkemännchen vor den Restaurants erlebt. Selbst im Zentrum findet Ihr ordentliche Kneipen und Restaurants, die nicht nur auf’s schnelle Geld der Touristen aus sind.

Samstag

Grachtenspaziergang Rotlichtviertel und Chinatown  Jordaan

Grachtenspaziergang

Los geht’s am frühen Morgen am Dam Square. Der dort errichtete Damm ist übrigens der Namensgeber der Stadt. Den Platz selbst fand ich nicht besonders spektakulär. Andere europäische Metropolen haben weitaus Attraktiveres zu bieten.

Royal Palace
Royal Palace

Fixpunkte sind das Nationalmonument, ein über 20 Meter hoher Obelisk und direkt gegenüber der Royal Palace. Dazwischen, auf der linken Seite, ist Madame Tussaud – perfekt für einen Zwischenstopp, um einen längeren Regenschauer zu überbrücken.

Nationalmonument
Nationalmonument

Vom Dam Square aus lauft Ihr über die Damstraat (Straat = Straße) zur ersten Brücke (Kenssluis). Dort habt Ihr mit Blick auf die Gracht in Richtung Süden ein stimmungsvolles Motiv zum Fotografieren. Es geht weiter am Kanal entlang (Oudezijds Voorburgwal), wo zum Glück noch wenig Betrieb ist zur frühen Stunde.

Abends wird es hier anstrengend, wenn sich die Besuchermassen durch die enge Uferpromenade schieben. Morgens aber könnt Ihr in Ruhe die kunstvolle Architektur der Backsteinbauten bewundern, die perfekt mit dem Wasser und den akkurat gepflanzten Bäumen harmonieren.

Insidertipps Amsterdam: Blick auf die Grachten
Amsterdamer Grachten

Oudezijds Voorburgwal stößt nach einem halben Kilometer auf die Grimburgwal. Rechts abbiegen und Ihr findet ein paar Meter weiter etwas versteckt einen schön begrünten Innenhof. Dort ist auch das Café Zeppos, das sich ideal für einen Kaffee oder einen kleinen Happen anbietet (ab 12:00 Uhr geöffnet).

Wieder in entgegengesetzter Richtung kommt Ihr über die Grimburgwal und die Vendelstraat zur Staalstraat. Das Viertel rund um die Staalstraat ist mit seinen kleinen Läden und Cafés für mich einer der schönsten im inneren Grachtennetz.

Insidertipps Amsterdam: Käseladen
Typisch Amsterdamer Käseladen

Entlang der Amstel am Rathaus und der Bootsanlegestelle vorbei, trefft Ihr auf die Blauwbrug, die durch ihre kunstvoll mit Gold verzierten Pfosten ganz anders daherkommt als die eher minimalistischen Grachtenbrücken.

Mit mehr als 1.200 Brücken übertrifft Amsterdam als Wasserstadt sogar noch Venedig. Kleiner Tipp: An heißen Sommertagen könnt Ihr Euch nach einer anstrengenden Tour entlang der unzähligen Kanäle perfekt in der XtraCold Icebar bei minus zehn Grad wieder abkühlen.

Rotlichtviertel und Chinatown

Das Rotlichtviertel (De Wallen) war für mich der uninteressanteste und nervigste Teil. Am frühen Nachmittag geht hier allmählich der Betrieb los. Die Jungessellenabschieds-Trupps starten dann ihre Eroberungstouren und die ersten Damen des horizontalen Gewerbes präsentieren sich in den Schaufenstern.

Insidertipps Amsterdam: Junggesellenabschied
Junggesellenabschied

Falls Euch das alles zu viel wird, empfehle ich das Iby&Bros. Das Café hat zwar ein etwas hipsteresques Ambiente, ist aber besonders innen sehr entspannt mit Liebe zum Detail und bietet leckeren Kuchen, Frühstück und kleine Gerichte an.

Eine Amsterdamer Besonderheit sind die „Versteckkirchen“. Einen guten Einblick in deren Geschichte bietet DIE WELT Online. Über Jahrhunderte war es Katholiken untersagt, in der Öffentlichkeit Gottesdienste abzuhalten. Dadurch entstanden überall in der Stadt Kirchen in privaten Wohnhäusern, in der Mehrzahl von reichen Kaufleuten gegründet.

Ons‘ Lieve Heer op Solder, die bekannteste, wurde von einem deutschem Händler in einem ausgebauten Dachstuhl errichtet und liegt am nördlichen Rand des Rotlichtviertels. Von außen ist die Größe der Kirche nicht zu erkennen und es macht Spass, durch die verwinkelten Räume und Flure des alten Gebäudes zu streifen. Der Eintritt kostet € 10,00. Definitiv einer meiner Amsterdam-Highlights.

Insidertipps Amsterdam: Rotlichtviertel am Abend
Rotlichtviertel am Abend

Zwischen Nieuwmarkt und der Bentammerbrug grenzt China Town direkt an De Wallen. Der Fixpunkt ist Toko Dun Yong, ein Supermarkt mit skurrilem Nippes über mehrere Etagen verteilt.

Weiter südlich findet Ihr noch weitere typisch asiatische Läden, auch die unvermeidlichen Comic- und Manga Shops. Für das Seelenheil sorgt auf der Zeedijk ein buddhistischer Tempel (He Hua), der aktiv von der chinesischen Community genutzt wird.

China Town ist angenehm, weil ähnliches Stadtbild wie der Red Light District, aber unaufgeregter als rund um die Coffee- und Sexshops. Das von Seeleuten gegründete Viertel besteht mittlerweile seit 100 Jahren und sogar die Straßen sind zweisprachig ausgewiesen. Ein Chinatown in Amsterdam hatte ich vorher nicht erwartet, aber genau das macht seinen besonderen und etwas schrägen Charme aus.

Jordaan

Wenn am Nachmittag im Zentrum der Einkaufs- und Touristentrubel so richtig losgeht, empfehle ich einen Abstecher nach Jordaan. Jordaan ist so etwas wie Amsterdams Prenzlauer Berg und schließt westlich direkt an den inneren Grachtengürtel an.

Früher ein Arbeiterbezirk, hat sich der Teil in den letzten 20 Jahren zum hippen Viertel entwickelt mit lässigen Straßencafés und privaten Hausbooten, auf oder vor denen sich die Scene auf ein Kaltgetränk und Kippe trifft.

Insidertipps Amsterdam: Jordaan
Jordaan

Es gibt in Jordaan zwar keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten, aber wen das wirkliche Amsterdamer Leben interessiert, ist hier richtig. Vor allem die tiefenentspannten Katzen und die vielen bunten Blumenkübel haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Je weiter westlich man schlendert, desto ruhiger und familiärer wird die Szenerie. Wenn ihr Einblick ins typische Hinterhofleben bekommen wollt, empfehle ich den Huys Zitten Weduwen Hofe (besser bekannt als Karthuizerhof).

In Jordaan wurden übrigens etliche Grachten zugeschüttet und asphaltiert, um Raum zu gewinnen. Eine davon ist die besonders schöne Lindengracht, wo jeden Samstag ab 9:00 Uhr bis zum Nachmittag ein Food Market stattfindet.

  • Insidertipps Amsterdam: Jordaan (Hausboot)
  • Insidertipps Amsterdam: Jordaan

Sonntag

Bootstour – Gouden BochtDe Pijp

Bootstour

Ihr könnt natürlich direkt am ersten Tag eine Bootstour machen. Ich finde es aber schlauer, das Zentrum zunächst zu Fuß zu erkunden. Dadurch fällt es leichter, während der Fahrt die Highlights richtig einzuordnen. Es gibt eine Vielzahl von Tour Operators mit unterschiedlichem Fokus. Einige bieten beispielsweise auch Dinner-Fahrten am Abend an.

Ich habe mich für Open Boat Tours entschieden. Die Line nutzt ausschließlich leise und umweltfreundliche Elektroboote mit einer maximalen Kapazität von 12 Leuten. Hier kommen die Erklärungen nicht vom Band, sondern der Kapitän ist gleichzeitig auch der Guide und bringt Euch auf charmante und mit Anekdoten (und Zoten) gespickten Art Amsterdam näher.

Insidertipps Amsterdam: Grachtenfahrt
Grachtenfahrt

Open Boat Tours fährt unter anderem von Damrak Pier 6 ab und kostet € 20,00 bei knapp anderthalb Stunden Fahrt hin und zurück. Die Route führt durch das inneren Grachtennetz, teilweise auch abseits der üblichen Wege. Ich kann besonders am Wochenende nur empfehlen, direkt um 10:00 Uhr am Pier zu sein, sonst kann es Euch passieren, dass Ihr später keinen Platz mehr bekommt.

Amsterdam ohne Bootstour ist nur die halbe Miete. Daher eine klare Empfehlung. Ihr bekommt dabei noch mal eine ganz andere Perspektive auf die Stadt. Apropos Anekdoten und Zoten: Wisst Ihr, warum sich so viele Häuser nach vorne neigen? Nein, nicht aus Altersschwäche oder wegen des feuchten Untergrunds. Die Antwort gibt’s dann während der Tour.

Insidertipps Amsterdam: Hausboot
Grachtenfahrt – Hausboot
Insidertipps Amsterdam: Hausboot
Grachtenfahrt – Hausboot

Gouden Boucht

Vom Zentrum aus Richtung Süden ist es nicht mehr weit bis zur Goden Bocht (Herengracht). Hier seid Ihr im mondänsten und teuersten Teil Amsterdams. Abseits der Touristenströme könnt Ihr auf beiden Seiten der Gracht die spektakuläre Architektur bewundern.

Unter dieser Top-Adresse haben sich hauptsächlich Firmen, darunter viele Investment Banken und Rechtsanwaltskanzleien, eingenistet. Im Gegensatz zu anderen Vierteln hat Gouden Bocht zwar weniger Kiez-Flair, aber eine Besichtigung alleine der schönen und majestätischen Häuser wegen lohnt sich.

Insidertipps Amsterdam: Gouden Bocht
Gouden Bocht

Geht unbedingt ins Kattenkabinet (Herengracht Nr. 497). Das Museum ist etwas skurril und widmet sich der Kulturgeschichte der Katzen. Ihr habt dadurch auch die Möglichkeit, ein typisches Wohnhaus im Viertel von innen zu sehen.

Das Museum hat einen wunderbar entspannten Innenhof, wo Katzen und Hühner in friedlicher Eintracht zusammenleben. Im Museum selbst gibt es Skulpturen, Poster, Bilder und natürlich auch überall echte Katzen zu sehen. Der Eintritt kostet € 7,00.

Insidertipps Amsterdam: Gouden Bocht
Gouden Bocht – Kattenkabinet

De Pijp

Ihr lauft dann weiter bis zur Reguliersgracht. Hier wird es gleich weniger mondän. Es gibt dafür wunderschöne windschiefe Bürgerhäuser zu bewundern und man fühlt sich ins 19. Jahrhundert zurückversetzt.

Reisetipp Amsterdam: Windschiefes Haus
Windschiefes Haus

In südlicher Richtung geht es vorbei an der Heineken Brauerei. Hier herrscht kleinstädtischer Flair, fast wie in einem der typischen Londoner Vororte mit kleine Läden, Bistros und Kneipen. Ihr stoßt dann irgendwann auf den Sarphatipark, dem Dreh- und Angelpunkt von De Pijp.

Reisetipp Amsterdam: De Pijp
De Pijp

Weiter südlich lösen Neubauten die traditionelle Architektur ab. De Dageraad und direkt angrenzend Berlage Lyceum sind (Wohnungs-) Bauprojekte aus dem frühen 20. Jahrhundert, angelehnt an den sogenannten „Backsteinexpressionismus“ der Amsterdamer Schule. Es gibt dort ein kleines Museum und Informationszentrum, in dem Ihr Euch über die Geschichte des Viertels informieren könnt.

Über die Van Woustraat geht es dann wieder zurück ins Zentrum. Rund um Van Woustraat ist De Pijp noch ein richtiger (multikultureller) Arbeiter-Kiez. Das Stadtbild wird vor allem von arabischen, türkischen und chinesischen Läden und Restaurants geprägt.

  • Insidertipp Amsterdam: Sarphatipark
  • Insidertipp Amsterdam: De Dageraad
  • Insidertipp Amsterdam: Huis met de Kabouters

Nach knapp einem Kilometer lohnt es sich, rechts in die Ceintuurbaan abzubiegen. Dort findet Ihr das etwas bizarre Huis met de Kabouters, ein Haus mit auffallenden Holzgiebeln und merkwürdigen Zwergen- und Engelsfiguren.

Hoteltipp

Zum Schluss habe ich noch einen Hoteltipp für Euch. Wenn Ihr mal eine etwas andere Unterkunft sucht, geht ins Lloyd Hotel. Es liegt am nördlichen Rand des inneren Grachtennetzes und kann auf eine lebhafte Geschichte zurückblicken. Das Loyd war unter anderem in den 20er Jahren eine Unterkunft für Emigranten und später ein Gefängnis.

Insidertipps Amsterdam: Zimmer im Lloyd Hotel
Zimmer im Lloyd Hotel

Ihr könnt dort je nach Budget zwischen 1-Sterne und 5-Sterne Zimmern wählen. Jeder Raum hat sein eigenes Innendesign und in den öffentlichen Bereichen zeigen Künstler ihre Arbeiten. Hier geht’s zur Homepage.

  • Insidertipps Amsterdam: Lloyd Hotel
  • Insidertipps Amsterdam: Flur im Lloyd Hotel
  • Insidertipps Amsterdam: Lloyd Hotel (Restaurant)

1 Kommentare

  1. Danke Martin. Der Beitrag macht Lust, alsbald nach Corona wieder nach Amsterdam zu fahren. Anscheinend kennen wir noch nicht alle Ecken.
    Kleiner Tipp zum Wohnen. Im Süden der Stadt, 200 Meter von der Metro-Endhaltestelle der Gaasperplats, liegt Gaasper Camping. Die Preise für Wohnwagen etc. sind campingtypisch günstig. Der Platz ist sauber.
    Mit der Metro, die alle 10 Minuten fährt, ist man in 15 Minuten im Zentrum. Tageskarten kosten so ca. 10 EUR.

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