Wann kommt man schon mal nach Uruguay? Wenn es die Zeit hergibt, müsst ihr bei einer Argentinien-Reise unbedingt auch Uruguay mit einplanen. Montevideo und Colonia del Sacramento sind fast in Sichtweite von Buenos Aires entfernt und lassen sich prima in zwei bis drei Tagen ohne Hektik anschauen.
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Montevideo und Colonia del Sacramento – Ein Katzensprung nach Uruguay
Von Buenos Aires ist es nur ein Katzensprung zu den beiden Hot Spots – Colonia del Sacramento und die Hauptstadt Montevideo. Die Anfahrt ist mit dem Bus über Land (etwas langatmig), mit der Fähre oder auch mit dem Flieger (nur Montevideo) möglich. Die beste Option ist per Fähre – in der „rápido“ Variante, die etwas teuerer, dafür schnell ist. Angeboten zum Beispiel von Buqebus oder Colonia Express.
Ich hatte mir folgende Tour vorgenommen: Buenos Aires – Colonia del Sacramento (Fähre: 50,00 €, 1,5h,/1 Übernachtung) – Montevideo (Bus: 10,00 €, 3h/2 Übernachtungen) und wieder zurück von Montevideo nach Buenos Aires (Fähre: 90,00 €, 2,5h). Ihr könnt in Uruguay fast überall mit US Dollar bezahlten, Wechselgeld gibt’s aber in der Regel dann in uruguayischen Pesos.
Gleich vorneweg: Wer einen stressbedingten Burnout bekämpfen will, der tue das am besten in Uruguay. Ich habe noch nie zuvor soviel „Entschleunigung“ erlebt wie dort. Bin mir aber nicht sicher, ob’s wirklich an der Mentalität oder am exzessiven Genuss des Mate Tees liegt – wahrscheinlich an beidem.
Colonia del Sacramento – die Zeit läuft rückwärts
Der Fährhafen ist nicht weit vom Zentrum entfernt, was man locker zu Fuß in 15-20 Minuten schaffen kann. Das Ambiente ist der krasse Gegensatz zum Moloch Buenos Aires. Niedrige, bunt angemalte Häuser, kaum Autos… wobei…, da sind diese alten Rostlauben als Teil der Kulisse und wirken fast wie eine Inszenierung des uruguayischen Tourismusverbandes. Viele davon stammen sogar aus den 30er und 40er Jahren und wären bei uns ein Vermögen wert, sofern restauriert.
Weiter zu Fuß Richtung Hotel, nirgendwo Hektik zu sehen, die Leute quatschen miteinander während der Mate seine Runden dreht. Die mindestens genauso entspannte Policia schlendert lässig durch die kleinen Gassen, hält hier und da ein kleines Schwätzchen und sieht dabei so aus, als wäre Kriminalität ein Fremdwort für Colonia.
Da ist dann auch schon das Hotel, ich gönne mir ein Zimmer im Posada del Virrey, direkt am Yacht-Hafen, in einem der eindrucksvollen Kolonialhäuser gelegen. Schnell umgezogen und raus, freunde ich mich gleich mit einem der vielen Hunde an, die wie überall in Südamerika durch die Straßen streunen.
Das touristische Publikum ist eine Mischung aus Backpackers (für die es eine ganze Reihe gepflegter Hostels gibt) und den „klassischen“, meist individuell reisenden Touristen ab 30 aufwärts aus der ganzen Welt.
Ein Freilichtmuseum aus der Kolonialzeit
Obwohl im Zentrum sehr „fremdenverkehrsorientiert“, habe ich nie das Gefühl in eine Touri-Falle geraten zu sein. Die Preise sind moderat, etwa mit Buenos Aires vergleichbar, und die Qualität beim Essen und den Unterkünften ist gut, zumindest von dem, was ich an einem Tag mitbekommen konnte.
Nach kurzer Verabschiedung von meinem vierbeinigen Freund lande ich bei meinem ersten Vorstoß in den Ortskern auf der Terrasse des Resto Bar Yacht bei einem frischem Lachs und einem uruguayischen Gerstensaft. Ein schönes und wirklich gutes Fischrestaurant mit fast kitschhaftem Postkarten-Blick auf die Bucht des Rio Plata.
Zum Anschauen der historischen Altstadt reicht dann auch ein Tag dicke. Das 1680 von den Portugiesen gegründete Städtchen mit seinen knapp 30.000 Einwohnern – seit 1995 auch UNESCO Weltkulturerbe – ist schnell erlaufen. Es gibt keine großen Geheimtipps oder bislang Unentdecktes zu vermelden, dafür ist Colonia einfach zu klein.
Alles Wichtige im Stadtkern
Das meiste an Sehenswertem konzentriert sich auf den Stadtkern, die deutsche Wikipedia-Seite gibt dazu schon einen guten Überblick mit weiterführenden Links. Da ist zum einen das alte Stadttor mit der Befestigungsmauer und der Leuchtturm mit klasse Blick über die Häuser und die Bucht. Weiter zum Plaza Mayor 25 de Mayo mit den großen grünen Schattenspendern als Ruhepunkt.
Dann die Iglesia Matriz, die älteste Kirche Uruguays, und eine Reihe interessanter Museen, die die Stadtgeschichte von Colonia näher bringen (die angegebenen Öffnungszeiten bleiben aber ein Mysterium).
Einfach mit der Kamera loslaufen
Die vielen kleinen Kunsthandwerksläden verstecken sich unaufdringlich in den alten Gemäuern. Am meisten Spass macht es aber, mit der Kamera ganz untypisch ungeplant durch die bunten Straßen zu laufen und drauf los zu fotografieren.
Noch ein Hinweis: Feste Schuhe sind angesagt wegen des heftigen Kopfsteinpflasters. Mit FlipFlops werdet ihr im Altstadtzentrum nicht glücklich werden. Die Temperatur in Colonia bewegt sich im Januar/Februar tagsüber zielsicher um die 30 Grad, es ist aber bei weitem nicht so stickig wie in Buenos Aires und kühlt nachts angenehm ab.
Abschließender Restaurant-Tipp für den Abend: Das Marlo – ein Asado-Restaurant, mitten im Zentrum, stilsicher bei der Einrichtung und mit begrüntem Patio, zudem mit vielen uruguayischen Weinen und hervorragendem Bife auf der Karte.
Mit dem Bus nach Montevideo
Das Busticket nach Montevideo kauft Ihr am besten direkt bei der Ankunft in Colonia am Ausgang des Fährhafens, wo sich die Schalter der verschiedenen Busgesellschaften befinden. Die Preise unterscheiden sich aber kaum.
Im Gegensatz zu vielen lateinamerikanischen Ländern haben die Kisten einen deutlich besseren Qualitätsstandard und Komfort. Sogar ein überraschend stabiles WiFi gab’s während der gesamten Fahrt. Der Trip dauert knapp drei Stunden, das einzig Nervige ist das ständige Ein- und Aussteigen der Leute an den unzähligen Haltestellen.
Die Uruguayos (gesprochen: Uruguaschos) sind übrigens ein ähnlich plauderfreudiges Volk wie die Argentinier. Ich komme direkt mit meiner Sitznachbarin ins Gespräch, die interessiert daran ist, wo ich denn herkomme: „¡Ah, de Alemanía!“ – ob der Ausruf jetzt positiv ist, kann ich leider nicht entschlüsseln.
Wir kommen schnell auf das Thema Politik, insbesondere was den Nachbarn Argentinien angeht. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Argentinien mit seiner politischen ‚Kultur‘ von den anderen Ländern nicht gerade geschätzt wird.
Nach drei Stunden fahren wir dann pünktlich in den Busbahnhof Tres Cruces ein, der knapp fünf Kilometer vom historischen Zentrums entfernt ist. In die Altstadt könnt Ihr von da aus entweder den Stadtbus oder entspannt eines der vielen Taxis direkt am Ausgang nehmen.
Der Mate ist Pflicht
Mit 1,3 Mio. Einwohnern lebt damit mehr als ein Drittel der uruguayischen Bevölkerung in Montevideo. Die Stadt ist relaxt. Ich scheine der einzige zu sein, der ohne Thermoskanne (mit Wasser für den Mate-Aufguss) unter dem Arm unterwegs ist. Vielleicht ist das ja sogar Pflicht. Eine schöne Szene gleich am Anfang, als sich der Fahrgast direkt nach dem Einsteigen erst mal in aller Ruhe mit dem Taxifahrer das frisch aufgegossene Gebräu teilt.
Montevideo hat nicht den Reichtum an Sehenswürdigkeiten, den man von europäischen Städten wie Sevilla oder Lissabon kennt – für eine südamerikanische Großstadt aber durch die alten Kolonialbauten einen ganz eigenen Charme. Viele der Häuser sind stilvoll restauriert, viele andere aber haben – nett ausgedrückt – großzügig „Patina“ angesetzt. Das ist zwar reizvoll für die Besucher, aber bestimmt weniger für die Bewohner.
Zwei Tage reichen
In zwei Tagen kann man sich alles in Ruhe anschauen und mit der Kamera kreuz- und quer durch die Straßen tigern. Montevideo ist im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Metropolen wie etwa Quito relativ sicher, auch wenn laut Auswärtigem Amt die Kriminalität durch Diebstähle und Überfälle in den letzten Jahren zugenommen hat. Wie überall auf der Welt heisst es „Obacht geben“ und nicht so offensichtlich mit seinen Wertgegenständen auf der Straße rumhantieren oder teuren Schmuck und Uhren zur Schau tragen.
Abends und Nachts sind die Straßen unter der Woche in der Altstadt ziemlich leergefegt. Ich habe beim Durchlaufen schon ein etwas mulmiges Gefühl. Ein Taxi zum Restaurant oder auf einen Drink in eine Bar ist dann die bessere Variante nach Einbruch der Dunkelheit. Sparen sollte man besser an den richtigen Stellen.
La Ciudad Vieja
Die Altstadt bildet einen kleiner Zipfel, der Richtung Westen in den Rio Plata hineinragt. Die Straßen und Gassen sind in dem für kolonialen Städtebau typischen Schachbrettmuster angelegt. Mit der Ausschilderung der Sehenswürdigkeiten und insbesondere der Museen hat man’s hier nicht so. Macht aber nichts, dadurch lande ich, wenn auch wider Willen, in interessanten Ecken, die nicht auf dem Plan standen. Und im Notfall gibt’s auch in Uruguay Google Maps.
Anschauen müsst Ihr auf jeden Fall den Mercado del Puerto, wo sich auch der Fährhafen befindet. In der alten Markthalle, die um 1868 gebaut wurde, haben sich innen und außen eine fast unüberschaubaren Menge an Ständen, Restaurants und Bars eingenistet. Kiloweise Fleischliches wird über die dampfenden Parillas gejagt, ein Steak mit einem lokalen Roten am Mittag ist ein Muss.
Weiter auf der Rambla, die einen an der Küstenlinie um die Altstadt herumführt. An der über 20 Kilometer langen Küstenstraße gibt es etliche Strände zum Baden – die Wasserqualität am Ausläufer des Río de la Plata will ich aber besser nicht hinterfragen. Entlang der Rambla versammelt sich den ganzen Tag über das Volk, zu einem kleinen Schwatz auf der Ufermauer, zum Angeln oder… richtig… zu einem Mate.
La Plaza Independencia: Dreh- und Angelpunkt
Am Eingang zur Altstadt liegt der Plaza Independencia mit der großen Reiterstatue des Nationalhelden José Gervasio Artigas und dem Stadttor als Übrigbleibsel der Stadtmauer. Hier trifft architektonisch betrachtet südamerikanisch urbane Moderne (die nette Umschreibung von hässlich funktionalen Gebäuden, Anm. d. Red.) auf historische Bauten wie den Palacio Salvo. Ich lande dort in den beiden Tagen mehrfach.
Der Platz, obwohl nicht überragend schön, hat eine besondere Ausstrahlung und ist Treff- und Durchgangspunkt für geschniegelte Krawatten- und Kostümchenträger(innen), Selfie-geschädigte Touristen und verkrachte Existenzen. Einfach dazusetzen, beobachten, genießen und fotografieren.
Das Teatro Solí in direkter Nähe zum Plaza Independencia gelegen, ist das zweitgrößte Theater Südamerikas. Tagsüber werden Führungen angeboten, abends bietet es ausgeleuchtet eine beachtliche Kulisse.
Ein Restaurant-Tipp darf auch für Montevideo nicht fehlen: Am Mittag unbedingt ins Estrecho, ein Bistro in der Altstadt mit französisch gefärbter Küche. Von außen unscheinbar, drinnen minimalistisch mit langem Tresen, hervorragenden Fischgerichten auf der Karte und sympathischem Service, der sich gerne Zeit für eine nette Unterhaltung nimmt.