Entspannungsreisen gehen anders. Dafür werdet Ihr aber in den Gletscherwelten Patagoniens mit bleibenden Eindrücken belohnt. Den täglichen Rhythmus bestimmen die Touren zu den Eisriesen und den Andenkordilleren, ein spätes Abendmahl und der erschöpfte Fall ins Bett. Hier die Reisetipps für Perito Moreno und Upsala.
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Perito Moreno und Upsala – Die Gletschertouren
Wir haben von El Calafate als Startpunkt aus folgende Touren gemacht, die ich bei einer Woche Zeitfenster unbedingt empfehlen kann: Jeweils eine Exkursion zum Perito Moreno und dem Upsala Gletscher, zum Torres del Paine Nationalpark (Chile) und zwei Übernachtungen in El Chaltén mit einer Tour um den Fitz Roy.
Perito Moreno und Upsala – Perito Moreno: Der Star unter den Eisriesen
Zuerst hört man nichts, da ist nur diese merkwürdige Stille in der fast surrealen Umgebung. Dann kommt das unheimliche Knacken wie beim Brechen eines Kiefers, das zu einem Tosen anschwillt. Der mächtige Turm aus Eis, so groß wie ein mehrstöckiges Haus, bricht sekundenschnell in sich zusammen. Eine Flutwelle rollt heran, verliert sich aber rasch. Dann wieder Stille. Das Ganze passiert in regelmäßigen Abständen, im Sommer, von Oktober bis April, sogar mehrfach am Tag. Der Gletscher kalbt also und speist mit seinen Neugeborenen den riesigen Lago Argentino.
Der Perito Moreno ist der absolute Superstar unter den Gletschern im Gebiet des Parque Nacional los Glaciares. Unzählige Male von Massen an Touristen-Paparazzi fotografiert, ist sein Konterfei DAS Symbol Patagoniens. Er ist nicht einmal der mächtigste, aber mit einer Fläche von über 250 km2 selbst größer als der 13 Millionen Einwohner zählende Moloch Buenos Aires.
Weltweit schrumpfen die Eisriesen, daher auch meine Entscheidung für Südpatagonien – wer weiß wie lange es sie noch in der jetzigen Form gibt. Der Perito ist auch hier eine Ausnahme. Er zieht sich aktuell zumindest in seiner Länge noch nicht zurück und ist seit den letzten Jahrzehnten stabil. Einen guten Artikel zum Thema findet Ihr in einem Beitrag der FAZ.
Achtzig Meter hohe Gletscherwände
Die Fahrt von El Calafate zum Parque Nacional los Glaciares startet am frühen Morgen gegen 8:00 Uhr und dauert ungefähr eine Stunde. Am Eingang des Nationalparks werden umgerechnet 20,00 € Parkgebühr kassiert. Einen ersten Eindruck auf die imposante Szenerie erlaubt der obligatorische Stop auf dem Weg zur Bootsanlegestelle an der sogenannten „Seufzerkurve“ (Curva de los Suspiros). Ich habe zwar nicht geseufzt, aber das Panorama lässt zum ersten Mal das Ausmaß dieses eisigen Ungetüms erahnen.
Die Bootsfahrt von über einer Stunde kostet um die 20,00 € und kann bei den meisten Touren kurzfristig dazu gebucht werden. Das lohnt sich definitiv, die Dimension der nahezu 80 Meter hohen Gletscherwände kann man nur vom Boot aus richtig erfassen. Nach einer Slalomfahrt durch bizarre Eisformationen kommt man bis auf wenige hundert Meter an den Perito heran. Ihr habt hier genug Zeit, entspannt aus allen Perspektiven zu fotografieren und die Atmosphäre auf Euch wirken zu lassen.
Mächtige Flutwellen
Auf dem Rückweg ist bei den Touren in der Regel ein längerer Stop beim Restaurant Nativos de la Patagonia eingeplant. Essen und Ambiente ist zum Vergessen – lieblose Massenabfertigung und Self Service eben. Aber von da aus könnt Ihr auf den gut befestigten Laufstegen am südlichen Steilufer der Magellan Halbinsel den Gletscher auf verschiedenen Ebenen aus anschauen. Trotz des ständigen Hoch und Runter ist das Ablaufen der Trails nicht besonders schwer. Eine Stunde solltet Ihr dafür mindestens einplanen, um gute Fotos zu schießen und den Perito beim Kalben zu sehen und zu hören.
Die Eismassen des Gletschers schieben sich kontinuierlich in Richtung der Halbinsel. Das führt in unregelmäßigen Abständen dazu, dass die Zufuhr der südlichen Kanäle in die nördlichen Teile blockiert wird und sich das Wasser mehrere Meter aufstaut. Kommt es dann zum Zusammenbruch der Eisbarriere folgt fast immer eine mächtigen Flutwelle. Das Spektakel war mir bei meiner Tour leider vergönnt. Weitere interessante Infos zu den Naturphänomenen rund um den Perito Moreno findet Ihr auf Wikivoyage.
Die Exkursion ist körperlich nicht sehr anspruchsvoll. Das gilt auch für das Minitrekking auf dem Perito, das ich das nächste Mal auf jeden Fall dazu buchen würde. Durch die Nähe zum Gletscher und den permanenten Wind ist es besonders auf dem Oberdeck der Boote ganz schön frisch – trotz intensiver Sonneneinstrahlung. Für die Tour reichen aber Jeans, feste Turnschuhe, Fleece, Windjacke und optional Handschuhe und Mütze.
Perito Moreno und Upsala – Upsala! … noch ein Gletscher
Die Abfahrt vom Hotel mit dem Shuttle ist wirklich sau früh – ein Königreich für einen entspannten Strandurlaub! Die Fahrt zur Anlegestelle, dem Punta Bandera, auf dem nördlichen Teil der Magellan Halbinsel dauert circa ein Stunde. Von dort aus geht’s mit dem Katamaran diesmal nach Norden zum Upsala Gletscher entlang dem Bravo Norte, dem nördlichen Seitenarm des Lago Argentino.
Schon nach kurzer Fahrt treiben erste Eisschollen auf uns zu. Die Formationen sind bizarrer und in ihrer Größe mächtiger als beim Perito Moreno. Der Bootstrip geht knapp drei Stunden lang, es ist genug Zeit, die Westfront des Gletschers ausgiebig zu fotografieren. Wir kommen ihm aber nicht ganz so nahe wie dem Perito, wohl aus Sicherheitsgründen wegen der größeren Abbrüche. Auf dem Oberdeck des Katamarans ist es heftig kalt. Der Wind bläst stärker und auch die umliegende Vegetation wirkt rauer. Es war eine gute Idee, Wollmütze und Handschuhe mitzunehmen.
Perito Moreno und Upsala – Der Upsala schmilzt
Der Upsala leidet im Gegensatz zum Perito Moreno unter der globalen Erwärmung und schmilzt. Das Ungetüm hat laut Greenpeace in den vergangenen 30 Jahren rund zehn Kilometer Länge eingebüßt. Er ist trotzdem mehr als doppelt so groß wie der Perito und damit einer der größten Gletscher der Welt.
Ausgangspunkt für die Trekking-Touren ist die Lodge Estancia Cristina. Es gibt verschiedene Schwierigkeitsgrade je nach Fitness und Laune. Der höchste Schwierigkeitsgrad – die „Cañadon de los Fosiles“-Exkursion, die wir gewählt hatten – ist mit einer durchschnittlichen Kondition aber problemlos zu meistern.
Trekking in Mondlandschaften
Es geht dann von der Estancia aus mit einem 4×4 steil zum östlichen Rand des Upsala Gletschers hoch. Wir werden mächtig durchgerüttelt und die Umgebung verwandelt sich Meter um Meter in eine immer mondähnlichere Geröllandschaft. Nach einem halbstündigen Marsch kommen wir zum Mirador del Glaciar Upsala. Der Aussichtspunkt mit Blick auf den Gletscher und den Lago Guillermo animieren selbst Selfiehasser wie mich zum schnellen Schuss. Laut Wikipedia stammt der Name „Upsala“ übrigens von der Universität Uppsala, die ersten glaziologische Studien in der Region gefördert hat.
Die fünfstündige Trekkingtour wird eine Weile vom Gletscher linker Hand begleitet und biegt dann spitz in die Talebene Richtung Lodge ab. Kuriose Steinformationen und riesige Felsabbrüche lassen einen immer mehr an eine Wanderung auf einem fremden Planeten glauben. Auf dem Weg liegen jede Menge Fossilien, daher auch der Name der Tour – „Cañadon de los Fosiles“. Unser Guide hatte richtig Ahnung von der Materie und konnte hervorragend die Jahrmillionen alten Versteinerungen erklären.
Ausgangspunkt Estancia Christina
In den Unterkünften in El Calafate könnt Ihr Lunchpakete für die Touren vorbestellen, sogar in vegetarischer Ausführung. Wie es sich beim Trekking gehört, wird mitten in der Natur gerastet. Der Schluck Quellwasser aus dem vom Gletscher gespeisten Fluss passt perfekt dazu. Als Ausrüstung braucht Ihr auf jeden Fall vernünftige Trekkingschuhe, es geht hier teilweise steil bergab über monströse Felsbrocken. Und wenn schon Jeans, dann was Bequemes. Noch besser sind aber richtige Trekkinghosen.
Die extreme Sonneneinstrahlung kann man durch den kühlen Wind schnell unterschätzen. Selbst die wetterprobten Guides cremen sich schön regelmäßig ein. Nach fünf anstrengenden Stunden landen wir bei der Estancia Cristina zu einem kurzen Stop. Das Bier zur Belohnung schmeckt diesmal noch besser als sonst. Mit dem Boot und dem Shuttle geht’s dann zurück und wir sind gegen 20:00 Uhr wieder in El Calafate. Geschafft!
Der Preis wird aktuell – Stand Mai 2015 – bei knapp 150,00 € ($ 1.440,00) für die Tour angegeben. Das ist recht viel für südamerikanische Verhältnisse, aber die Nachfrage bestimmt das Angebot und man bekommt eine Menge geboten. Eine Möglichkeit, das Ganze auf eigene Faust zu machen, habe ich nicht gesehen. Weitere Infos über die verschiedenen Touren und die Lodge selbst findet Ihr auf der ziemlich professionell gemachten Seite der Estancia Cristina.
Hier geht’s zurück zum Überblick über Patagonien.
Hier geht’s weiter nach Chile zum Torres del Paine Nationalpark und nach El Chaltén.
Vergiss bitte nicht das wichtigste Frage: “ hay Alemanes en el lago?“
🙂