Wie die meisten Weine aus der Neuen Welt können auch die argentinischen nicht ganz mit den Burgundern, Riojas oder Piemontesern konkurrieren. Die roten überzeugen aber durch eine enorme Frucht und die Bodegas durch Professionalität und Leidenschaft zu ihren Produkten. Das Hauptanbaugebiet liegt direkt an Chile angrenzend in der Provinz Mendoza, mit beeindruckendem Blick auf die Anden. Es lohnt sich, für den Besuch der Weingüter in Mendoza ein paar Tage Zeit einzuplanen.
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Tipps für Wine Tasting in Mendoza
In Summe waren wir fünf Tage in der Provinz Mendoza, was ausreicht, um einen guten Eindruck von Argentiniens Weinanbau zu bekommen. Drei Nächte verbrachten wir im Boutique Hotel Lares de Chacras, das ziemlich genau zwischen Mendoza-Stadt und Luján de Cuyo liegt und eine Nacht ca. 80 km weiter südwestlich in der Region Valle de Uco, einem der höchstgelegenen Anbaugebiete der Provinz. Hier die Kurzbeschreibungen der Bodegas, die wir besucht haben:
Wine Tasting in Mendoza – Cavas de Weinert
Genau zwischen Mendoza-Stadt und Luján de Cuyo gelegen, war die Bodega de Weinert unsere erste Station. 1975 gegründet und immer noch in Familienhand, ist Weinert einer der Pioniere für qualitativ hochwertige Weine in Argentinien und einer der ersten Bodegas, die konsequent auf reinrebige Sorten gesetzt haben mit dem Schwerpunkt auf den Export. Die Gärung passiert in den für Argentinien typischen Zementbehältern und die Weine reifen anschließend bis zu vier Jahre in französischen Tonels (Holzfässern).
Weinert keltert neben der eigenen Lese auch Trauben von ausgewählten Zulieferern. Wir hatten das Glück, eine private Führung durch die Keller zu bekommen. Die Tour dauerte eine knappe Stunde inklusive Zwischenstopps, um die Weine zu probieren.
Das Ganze machte einen sehr professionellen Eindruck auf uns, besonders interessant und ausführlich die Erläuterungen über die Philosophie der Bodega und das Herstellungsverfahren. Das Anwesen und das Gebäude alleine sind den Besuch schon wert, die Kellerräume mit den teilweise kunstvoll verzierten Eichenfässer vom Ambiente das schönste, was ich auf der Tour gesehen habe. Internet: Cavas de Weinert.
Wine Tasting in Mendoza – Bodega Ojo de Vino
Dieter Meier? Ja, genau DER Dieter Meier. Der Schweizer Konzeptkünstler und Kopf der Band Yellow, ist seit Ende der 90er Jahre in Argentinien mit Rinderzucht und Weinanbau aktiv – alles konsequent auf biologische Landwirtschaft und hohe Qualität ausgerichtet. Das Gesamtkonzept ergänzen die Restaurants in Buenos Aires (Ocho Once), Frankfurt und seit kurzem auch Berlin (jeweils Ojo de Agua).
Die Anfahrt war etwas abenteuerlich. Trotz mehrfachem Nachfragen, Navigationssystem und Google Maps irrten wir fast eine Stunde in der argentinischen Pampa umher. Anscheinend hatten wir das letzte noch nicht digitalisierte Fleckchen Erde entdeckt. Passend zur etwas mysteriösen Fahrt hing dann noch an der Zufahrt ein gekreuzigter Raubvogel am Zaun. Es lief dann aber alles gut. Der Bodega angeschlossen ist seit einiger Zeit ein kleines Restaurant mit Blick auf das beeindruckende Andenpanorama.
Wir hatten ein Degustationsmenü vorbestellt, der Höhepunkt dabei war natürlich das Bife aus eigener Zucht. Service, Qualität und die Erklärungen zu den korrespondierenden Weinen waren perfekt. Die anschließende Führung gab noch mal einen tieferen Einblick in die Philosophie der Bodega. Die Produktion ist fast ausschließlich auf den Export ausgerichtet und die Anlage hat ein entsprechend funktionales Ambiente.
Ein Highlight war dabei die Probe eines „Super Malo“ (ja richtig, „malo“ bedeutet „schlecht“) direkt vom Fass. Der Wein ist im Gegensatz zum „Malo“, dem Top-Produkt von Ojo de Agua, nicht im offiziellen Handel erhältlich. Im Nachhinein ist man übrigens immer schlauer, die Bodega ist am einfachsten zu finden über die RN 40 von Luján de Cuyo Richtung Süden und dann nach ca. 5 km auf die RN 7 westlich. Viele Grüße an den Vogel. Internet: Facebook.
Wine Tasting in Mendoza – Bodega Casarena
Knapp 5 km südlich von Luján de Cuyo befindet sich die Bodega Casarena. Ein weiteres junges Projekt, das erst seit 2007 mit dem Wiederaufbau eines alteingesessenen Weinguts am Start ist. Nach einem kleinen Aperitif – das Konzept des Frühschoppens scheint den Argentiniern bekannt zu sein – wurden wir von der bezaubernden Flor durch die an das Hauptgebäude angrenzenden Lagen geführt und konnten die Trauben von Malbec, Cabernet Sauvignon & Co. direkt von den Rebstöcken probieren. Wir hatten auch in diesem Fall das Glück einer Privatführung, was eindeutig mehr bringt, wenn man tiefer in die Spezifika der Bodegas einsteigen will.
Casarena verfolgt ein durchdachtes Präsentationskonzept mit Liebe zum Detail, was sich überall, vom Design der Etiketten (siehe Bild unten) bis hin zu den Tischaufstellern aus gebrauchten Korken, zeigt. Die Führung durch die Produktions- und Lagerhallen inklusive probieren direkt aus den Fässern wurde vom Chef-Önologen Bernardo Bossi Bonilla selbst durchgeführt.
Man spürt regelrecht, dass die Leute bei Casarena ihr eigenes Produkt lieben. Interessant auch hier die Beton-Eier, in denen die Weine teilweise ausgebaut werden. Zum Abschluss gab es dann im Shop eine Probe der wichtigsten Roten und Weißen. Casarena bietet übrigens als einer der wenigen Bodegas einen brauchbaren Cidre an. Einen Überblick über die verschiedenen Weinlinien findet Ihr auf der Homepage.
Wine Tasting in Mendoza – Bodega Ruca Malen
Die Bodega Ruca Malen liegt nur einen Steinwurf entfernt von Dieter Meiers Ojo de Vino auf der Ruta Nac. Nº 7. Es bietet sich also an, beide Weingüter in einem „Aufwasch“ zu besuchen. Ruca Malen produziert erst seit 1998 und reiht sich damit in die Liste der vielen jungen und experimentierfreudigen Bodegas ein. Dementsprechend modern und gepflegt ist das Anwesen.
Wir hatten ein 5-Gänge Desgustationsmenü ohne Führung durch die Bodega gebucht, für umgerechnet knapp 70,00 € inklusive der Weine, unter anderem einen interessanten Cava zum Dessert, als Cuvee von Pinot Noir und Chardonnay ausgebaut. Das kleine Restaurant ist direkt an den Weinbergen gelegen, wir hatten einen Tisch auf der Veranda mit einem traumhaften Blick auf die Anden.
Der Service lässt nichts zu wünschen übrig, genauso wie die Qualität der Küche mit ausschließlich Produkten aus der Region – auf Anfrage auch vegetarisch. Falls Ihr einen Ort für den perfekten Heiratsantrag oder ähnliche Anlässe sucht, seid Ihr hier richtig. Ich persönlich habe aber lieber meine ganze Energie auf das Kulinarische gerichtet, das war es wert. Internet: Ruca Malen.
Wine Tasting in Mendoza – Bodega Riccitelli
Hey Malbec! Was wie ein Schlachtruf klingt, beschreibt die Philosphie des jungen Wein-„Punks“ Matías Riccitelli, Sohn von Jorge Riccitelli, einem der bekanntesten Önologen Argentiniens. Beim Design der Flaschen überschreitet er selbst für argentinische Verhältnisse Grenzen. Die Liebe zur Space Age Ära und 70er Retro Design kommt nicht nur beim Comic-Stil des Hey Malbec! zum Ausdruck, sondern auch bei der Einrichtung der Bodega.
Wir hatten das Vergnügen, eine private Führung inklusive Weinprobe von der sympathischen Veronica Riccitelli, der Schwester von Matías, zu bekommen. Die entspannt gelegene Bodega in der Nähe von Luján de Cuyo mit Blick auf die Anden folgt einem konsequenten Terroir-Ansatz mit hohem Qualitätsanspruch, gelesen wird dabei ausschließlich per Hand. Die Weinberge existieren teilweise schon mehr als 100 Jahre – Pop trifft auf Tradition.
Wie viele andere Produzenten ergänzt auch Riccitelli sein Sortiment durch Zukäufe von Rebsorten, wie Cabernet Franc (hat bei der Probe am meisten überzeugt) oder Bonarda, und konzentriert sich beim Anbau ausschließlich auf seinen Malbec. Die Bodega ist ein echter Familienbetrieb mit nur sechs Angestellten. Der Schwerpunkt bei der Vermarktung liegt beim Export, sogar bis in die Schweiz. Internet: Matías Riccitelli.
Bild: Hey Malbec! – Wine Shop Matías Riccitelli
Wine Tasting in Mendoza – Bodega Salentein & Bodega y Viñedos O. Fournier
Die beiden letzten Bodegas liegen im Valle de Uco, knapp 100 km südlich von Mendoza-Stadt entfernt und sind die größten und kommerziellsten, die wir auf unserer Tour besichtigt haben. Bei O. Fournier mit einem Stamm von 50 festen Mitarbeiter (in der Saison bis zu 100) ist alles auf Effizienz und „Skalierbarkeit“ ausgerichtet. Selbst die Maschinen sind nicht fest montiert, sondern mobil einsatzbar, um schnell auf die Verarbeitung größerer Mengen reagieren zu können.
Die Architektur ist minimalistisch und auf Beton reduziert, der Showroom im Keller des Hauptgebäudes beeindruckend. Wir hatten auch hier ein Degustationsmenü und eine (private) Führung durch die Bodega gebucht. Alles in allem war der Auftritt sachlich-professionell und ein hochinteressanter Kontrast zu den Weingütern davor.
Die Bodega Salentein ähnelt von der Architektur und der gesamten Präsentation stark O. Fournier, ist aber im Vergleich noch stärker auf Masse denn auf Qualität ausgelegt. Zielgruppe sind Reisegruppen. Auch das Restaurant, und da besonders der Service, muss man leider als Massenabfertigung bezeichnen.
Fazit: O. Fournier kann man, Salentein muss man nicht. Internet: Bodegas Salentein, O Fournier.
Hier geht’s zurück zum ersten Teil.